„Mutter mit Kind“

Vergleicht man Wilhelm Loths 1955 entstandene Plastik mit den Werken anderer Nachkriegskünstler, so fällt seine „Mutter mit Kind“ ganz klar aus der Reihe. Sind die Plastiken von Peter Weiss, Ulla Scholl oder Fritz Schwarzbeck genau an der Anatomie orientierte, auf Anmut abzielende Werke, so steht bei dem Schwarzbeck-Schüler Wilhelm Loth die Symbolik und nicht etwa die körpergetreue Darstellung einer Figur im Vordergrund. Das zeigt sich schon darin, dass seine spielende Mutter keinerlei Rücksicht auf anatomische Größenverhältnisse nimmt: Ihre Extremitäten sind merkwürdig verrenkt und so lang, dass sie fast spinnenhaft wirken. Eine merkwürdige Pose, die jedoch kaum auffällt, weil Loth – er war zeitweise Vorsitzender der Neuen Darmstädter Sezession und erhielt 1955 den „Kunstpreis“ der Stadt Darmstadt – den Blick des Betrachters geschickt in die Höhe lenkt, wo er bei dem in den Armen der Mutter schwebenden Kind hängenbleibt.

Mag Loths Plastik, in der der Künstler die figurative Darstellung aufzulösen beginnt – das Gesicht der Frau ist bewusst nur grob gezeichnet und kaum ausgeformt – auch nicht unbedingt schön zu nennen sein, so strahlt sie doch eine ungeheure Dynamik und Lebensfreude aus: Die Mutter gibt sich selbstvergessen dem Spiel mit ihrem Kind hin.

 

Fotos: © Frank Seifert, www.frank-seifert.com

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