„Wartende“

In Darmstadt ist Richard Heß kein Unbekannter. 1937 in Berlin geboren, absolvierte er eine Holzbildhauerlehre sowie ein Bildhauerstudium. Ab 1971 hatte er einen Lehrauftrag an der TU Darmstadt, im selben Jahr trat er der „Neuen Darmstädter Sezession“ bei. Aus dieser Zeit resultieren zahlreiche Werke Heß‘, mit denen er die „Kunst-­am-Bau“-Tradition der bauverein AG fortsetzte.

Sein an der Außenmauer angebrachtes Halbfigurenrelief wirkt wie eine Szene aus dem täglichen Leben: Zwei nur bis zur Mitte des Oberschenkels abgebildete Menschen, vielleicht ein Paar, vielleicht auch nur zufällig beieinander stehende Passanten, lehnen an der Mauer und scheinen gleichsam aus dieser herauszutreten. Mann und Frau blicken am Betrachter vorbei, in die Ferne. Sie warten und strahlen dabei eine große Ruhe aus.

Auffällig ist, dass Heß die Frau sehr viel sorgfältiger ausgeformt hat als ihren „Begleiter“: Ihr Mund ist scharf konturiert, die Frisur detailliert angelegt. Und: Während er angezogen ist, entsteht bei der Frau, deren Brustpartie Heß herausgearbeitet hat, der Eindruck von Nacktheit. Nur wer genau hinsieht, entdeckt, dass der Künstler Kleidungsnähte angedeutet hat – ein spielerischer Umgang mit Erotik, der sich auch in anderen Werken Heß‘, so etwa seinen „Darmstädter Szenen“ im Max-Ratschow-Weg findet.

 

Fotos: © Frank Seifert, www.frank-seifert.com

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